San Gimignano – die Stadt von Schinken und Salami

San Gimignano – die Stadt von Schinken und Salami - (c) Gabi Vögele

Sanft geschwungene Hügel, an denen sich Zypressenalleen hochziehen. Oben thronen kleine Orte aus erdfarbenen Steinhäusern. Dieses Bild prägt unsere Vorstellung von der Toscana. Und am ehesten erfüllt wird dieses Klischeebild wohl in San Gimignano. Das „Manhattan des Mittelalters“ mit seiner Vielzahl an noch erhaltenen Geschlechtertürmen ist das Vorzeigebeispiel einer typisch toskanischen Kleinstadt mit großer Geschichte. Durch die Gassen des mittelalterlichen Städtchens drängen sich tagsüber dementsprechend viele Touristen aus aller Welt. Wer sich etwas mehr Zeit nimmt als nur für einen Tagesausflug, der hat die engen Gassen und die historischen Fassaden am späteren Abend aber fast für sich allein, der kann die besondere Atmosphäre des Ortes bei einem Spaziergang in aller Ruhe auf sich wirken lassen und auch die kulinarischen Köstlichkeiten der Toscana in dieser besonderen Kulisse ausgiebig genießen. Denn San Gimignano ist nicht nur die Stadt der Türme, sondern auch von Schinken und Salami.  

Außerhalb der historischen Stadtmauern produzieren lokale Erzeuger die Vorzeigeprodukte der Region: Prosciutto Toscano DOP und die Fenchelsalami Finocchiona IGP. Beide Produkte stehen mit ihrer geschützten Herkunftsbezeichnung für den authentischen Geschmack der Toscana.  

In der Salumificio Viani vor den Toren San Gimignanos stellen sie Beides in dritter Generation her. Inhaber Fabio Viani ist auch Präsident des Consorzio Prosciutto Toscano, das über die Einhaltung der Regeln für die Produktion des toskanischen Schinkens wacht. Bei einer Führung durch den Betrieb erklärt der Geschäftsführer des Konsortiums, Emore Magni, was die Qualität des Prosciutto Toscano DOP ausmacht: Die Schweine müssen bei der Schlachtung mindestens neun Monate alt sein und ihre Verarbeitung zu Schinken muss in einem Betrieb in der Toscana erfolgen. Vor allem aber: „Bei der Verarbeitung respektieren wir den traditionellen Rhythmus der Natur“, erklärt Magni. Denn geschlachtet wird traditionell im Winter. In den Reifekammern von Viani durchläuft der Schinken deshalb in verschiedenen Klimakammern den natürlichen Temperaturwechsel der Jahreszeiten. Zunächst werden die Schlegel nach der Anlieferung aber in die charakteristische Form geschnitten und mit Salz und typischen Gewürzen wie Lorbeer, Rosmarin, Wacholder und Knoblauch eingerieben. In den verschiedenen Reifekammern, die die klimatischen Verhältnisse im Jahreszyklus imitieren, entwickelt der Schinken dann langsam sein Aroma und seinen Geschmack. Das dauert mindestens zwölf Monate. In der Regel darf der Prosciutto Toscano DOP aber 16 bis 18 Monate reifen. Dabei verliert der Schinken durch die Trocknung mehrere Kilo an Gewicht. Die Qualität des Schinkens prüft ein Mitarbeiter am Ende des Reifeprozesses, indem er ihn mit einer dünnen Nadel aus Pferdeknochen ansticht. Am Geruch erkennt er, ob die Qualität stimmt.

Nicht ganz so lange Zeit zum Reifen benötigt die toskanische Fenchelsalami. In der Salumeria Monte San Savino in San Gimignano erklärt der Direktor des Consorzio della Finocchiona IGP, das wie beim toskanischen Schinken über die Einhaltung der Herstellungsvorschriften wacht, das Besondere dieser Salami. „Das Rezept stammt aus dem Mittelalter, als Pfeffer ein teurer Luxusartikel war“, erzählt Francesco Seghi. „Deshalb verwendeten die Bauern wilden Fenchelsamen zum Würzen der Wurst.“ Der unterstützt praktischerweise auch noch die Fettverdauung. Maximal 35 Prozent Fett darf die Finocchiona enthalten, die nur aus dem Fleisch italienischer Schweine hergestellt werden darf. Das IGP steht für Indicazione Geografica Protetta, eine geschützte Herkunftsbezeichnung. Je nach Gewicht der Wurst reift die Salami 15 bis 45 Tage in den Reifekammern der Salumeria.

Die klassische Art, toskanischen Schinken und Salami zu genießen, ist die Aufschnittplatte, zu der toskanisches Brot gereicht wird, das fast ohne Salz gebacken wird. Schinken und Wurst und dazu oft auch noch der toskanische Schafskäse Pecorino – ebenfalls mit geschützter Herkunftsbezeichnung - bringen genügend Würze mit. In den Restaurants in San Gimignano findet man aber nicht nur diese klassische Variante, sondern auch viele kreative Gerichte mit den typischen Produkten der Region. 

So kreiert Alessandro Pieragnoli in seiner Bruschetteria „La Vecchia Nicchia“ in der Altstadt von San Gimignano verschiedene Bruschetta-Varianten. Den toskanischen Schinken kombiniert er da etwa mit Mascarpone, Rosmarin und Walnüssen oder mit Stracciatella-Käse und Feigenkonfitüre.

Im „Ristorante Perucà“ in einem der ältesten Gebäude der Stadt hat sich Inhaberin Lidia Rugi ebenfalls ganz den Produkten der Region verschrieben. „Unsere Mission ist es, lokale Exzellenz anzubieten“, erklärt Lidia Rugi ihr Konzept. Das Vorspeisen-Brett kommt im „Ristorante Perucà“ als Luxus-Variante nicht nur mit Schinken, Finocchiona und Pecorino, sondern auch noch mit Lardo und Trüffel auf den Tisch. Auf der Karte stehen aber auch weitere lokale Spezialitäten wie toskanisches Wildschweinragout mit hausgemachten Pici-Nudeln und Pecorino-Käseschaum. 

Und im Restaurant „Cum Quibus“ stehen ebenfalls die toskanischen Spezialitäten im Mittelpunkt. Auf der Karte findet man hier auch mal mit Finocchiona gefüllte Wachtel an Birnen aus dem Val di Chiana. Toskanisches Wildschwein mit hausgemachten Pappardelle darf hier aber natürlich auch nicht im Angebot fehlen. 

Lässt man sich zu diesen Köstlichkeiten dann noch ein Glas Vernaccia di San Gimignano schmecken, hat man den Zauber der Toscana auch kulinarisch voll ausgekostet. Um die gesicherte Herkunft und Qualität des Weißweins aus der Vernaccia di San Gimignano-Traube kümmert sich übrigens auch ein eigenes Konsortium, das Consorzio del Vino Vernaccia di San Gimignano.  

Hier finden Sie Rezepte mit der toskanischen Fenchelsalami Finocchiona IGP

Über den Autor*Innen

Gabi Vögele

Gabi Vögele, geboren 1967 in Eichstätt/Bayern, arbeitete nach dem Studium von Journalistik und Geographie als Journalistin für Süddeutsche Zeitung und Abendzeitung. Seit 2005 ist sie freiberuflich als Journalistin tätig. Ihre Themen: Reisen, Outdoor-Aktivitäten, Genuss.

Draußen unterwegs sein, sich in der Natur bewegen, Landschaften entdecken, interessante Menschen treffen und einfach genießen – sei es den würzigen Bergkäse auf der Alm, das gute Glas Rotwein an einem langen Winterabend oder das überraschende Sechs-Gänge-Menü eines kreativen Kochs.