Sehr klein, sehr fein

Sehr klein, sehr fein - Das Sekthaus BurkhardtSchür im unterfränkischen Bürgstadt – (c) Sekthaus BurkhardtSchürr

Es ist zweifellos eines der spannendsten Projekte, welche die deutsche Sektwelt seit einiger Zeit zu bieten hat. Das Sekthaus BurkhardtSchür im unterfränkischen Bürgstadt produziert gerade einmal 5.000 Flaschen im Jahr. Die jedoch mit höchster Qualität.

Einer der besten deutschen Sekthersteller, und das im Nebenerwerb? Einer, der erst sechs Jahre nach Gründung des Unternehmens seine Sekte in den Verkauf bringt? Wie bitteschön geht das denn? Tatsache ist: es geht! Laura Burkhardt aus Wiesbaden und Sebastian Schür vom Kaiserstuhl studierten beide in Geisenheim, wurden ein Paar und zogen in das unterfränkische Rotweinparadies Bürgstadt. Schür ist seit fast 20 Jahren Außenbetriebsleiter beim höchst renommierten Weingut Fürst, weiß also, wie man Burgunder macht. Und auch Laura Burkhardt weiß bestens, was gut schmeckt und wie man es verkauft.

Ein eigenes Weingut zu gründen kam für die beiden Geisenheim-Absolventen nicht in Frage. Und dennoch wollten sie nebenbei etwas Persönliches, ganz Besonderes auf die Beine stellen. Ohne jedoch den etablierten, familiären und höchst bodenständigen Bürgstadter Winzern als „Neigsch’meckte“ Konkurrenz machen zu wollen. Also kein Wein, kein Spätburgunder. Sondern Sekt. Am liebsten auf Champagner-Niveau.

Das kleine Problem dabei: Laura Burkhardt und Sebastian Schür besaßen keine einzige Rebe. Und besitzen auch bis heute keine. Also kaufen sie sehr gezielt zu. Um Sekt in der Art eines Champagners herzustellen brauchen sie die typischen drei Grundweine. Den Spätburgunder alias Pinot Noir bekommen sie von einem befreundeten Winzer aus Bürgstadt, der allerdings nicht Fürst heißt. Der Pinot Meunier alias Schwarzriesling stammt aus dem nicht all zu weit entfernten Taubertal. Und der größte Teil des Chardonnay wächst in einem Weinberg von Sebastian Schürs Bruder am Kaiserstuhl.

„Logistisch ist das mit dem Chardonnay schon eine Herausforderung“, erzählt Laura Burkhardt. Gelesen wird in Südbaden schon früh am Morgen, in einem LKW werden die Trauben mit einer Plane abgedeckt und so vor der Wärme geschützt, am Nachmittag geht es dann die rund 300 Kilometer heim nach an den Main nach Bürgstadt. Gepresst wird ausgesprochen schonend, nur die Hälfte des möglichen Safts gelangen zur Gärung.

2012 starteten die beiden ihr Projekt, ihre ersten Sekte kamen jedoch erst sechs Jahre später auf den Markt: ein reinsortiger Pinot Noir aus dem Jahrgang 2012 und eine Cuvée aus Pinot und Pinot Meunier von 2013, beide als Blanc de Noirs. Die Grundweine vergären im Keller von Paul und Sebastian Fürst spontan. Sebastian Schür hat es also nicht weit von seinem Haupt- zum Nebenerwerb. Ausgebaut wird im eigenen Buntsandsteinkeller in Bürgstadt vor den Toren Miltenbergs. Die beiden Pinots liegen im Doppelstückfass, der Chardonnay im Barrique jeweils rund 12 Monate auf der Vollhefe. Degorgiert wird nach etwa drei Jahren – Laura Burkhardt und Sebastian Schür lassen sich auch hier Zeit. Diesen letzten Schritt der Sektherstellung lassen sie bei einem anderen Senkrechtstarter der Szene durchführen, dem Sekthaus Griesel in Bensheim an der Hessischen Bergstraße. Kooperationen auf allen Seiten also, ohne Futterneid, dafür mit viel Freude an einem tollen Produkt.

Die aktuelle Kollektion umfasst vier Sekte, die Weine hierfür stammen allesamt aus dem Jahr 2019. Den Einstieg für 28 Euro die Flasche bildet der „Tradition brut“, der aus 75 Prozent Pinot Meunier, 20 Prozent Pinot Noir und 5 Prozent Chardonnay besteht. Flaggschiff ist der Blanc de Meunier brut Nature für 52 Euro. Das mittlere Preissegment bildet der Blanc de Blancs brut für 38 Euro, ein reinsortiger Chardonnay. Hinzu kommt für 28 Euro ein Rose brut, der aus den gleichen Trauben besteht wie der Tradition.

„Was für eine Entdeckung, was für ein grandioses Debut“, schrieb Wein-, Sekt und Champagnerexperte Gerhard Eichelmann zum Start vor einigen Jahren. In der aktuellen Ausgabe seines Weinführers urteilt er: „Auch in diesem Jahr präsentieren Laura Burkhardt und Sebastian Schür wieder eine der spannendsten Sekt-Kollektionen in Deutschland.“ Und gab ihm vier von fünf möglichen Sternen: „Hervorragender Erzeuger.“

Sekthaus BurkhardtSchür, Bürgstadt (Franken)
burkhardtschuer.de

Über den Autor*Innen

Unser Autor Klaus Pfenning

Klaus Pfenning

Klaus Pfenning wuchs am Rande des Odenwalds auf – und damit eher mit Apfelwein. Erst im frühen Erwachsenenalter wurde ihm bewusst, dass sich auch aus anderen Früchten wunderbare Weine herstellen lassen. Vor allem aus Trauben, weißen wie roten. Vor 30 Jahren verlegte der Naturliebhaber seinen Lebensmittelpunkt an die Badische Bergstraße. Von dort aus kann er nicht nur den heimischen Winzern bei der Arbeit zuschauen. Sondern auch hinüberblicken in die Pfalz und nach Rheinhessen. Dem wachsenden Interesse am Wein konnte das nicht schaden.