Sekt sells

Im südbadischen Auggen stellt die Privat-Sektkellerei Reinecker Sekte her, die sich durchaus mit hochwertigen Champagnern messen lassen können - (c) Privat-Sektkellerei Reinecker GmbH

Im südbadischen Auggen stellt die Privat-Sektkellerei Reinecker Sekte her, die sich durchaus mit hochwertigen Champagnern messen lassen können.

1987 knallten bei Herbert Reinecker buchstäblich die Sektkorken. Großgeworden in einem „landwirtschaftlichen Gemischtwarenladen“ (Reinecker) und studiert in Geisenheim brachte dieses Jahr für ihn die Zeitenwende. Erst 1987 nämlich war es landwirtschaftlichen Betrieben erlaubt, neben Wein auch Sekt herzustellen. „Aus diesem Grund gab es bis dahin praktisch keinen Winzersekt auf dem Markt“, erklärt Reinecker. Sehr zur Freude natürlich großer Sektkellereien wie Henckel oder Mumm.

Für Herbert Reinecker war diese Gesetzesänderung wie ein Geschenk des Himmels. Bereits während seines Studiums hatte sich seine Leidenschaft für Sekt gezeigt. Jetzt durfte er ihn auch selbst herstellen und vermarkten. Im Elternhaus in Auggen, tief unten im südbadischen Markgräflerland, fing er an. „Mit gebrauchten Maschinen aus der Champagne“, wie er sich heute lächelnd erinnert. Seine Philosophie war damals schon klar: er wollte ausschließlich Sekte nach dem traditionellen Flaschengärverfahren herstellen, kompromisslos, handwerklich. Und am liebsten mit Qualitäten wie bei seinem großen Vorbild, der Champagne.

Vier Hektar Weinberge bewirtschaftet der Familienbetrieb, vor allem in den Lagen Auggener Schäf und Auggener Letten. Hinzu kommen kleinere Flächen in den Markgräfler Spitzenlagen  Feuerbacher Steingässle, Isteiner Kirchberg und Badenweiler Römerberg. Der Schwerpunkt liegt dabei eindeutig auf den Burgundersorten. „Die nächste Generation will sich sogar ausschließlich auf sie konzentrieren“, wirft der Sektmacher einen Blick in die Zukunft. In Istein, nur ein paar Steinwürfe von der Schweizer Grenze entfernt, betreibt Herbert Reinecker zudem ein kleines Weingut zusammen mit der Kaiserstühler Ikone Fritz Keller.

Gearbeitet wird fast ausschließlich mit der Hand, Kunstdünger, Herbizide und synthetische Pflanzenschutzmittel sind tabu. Stattdessen sorgen Begrünungspflanzen wie Klee, Roggen oder Luzerne für die Ernährung der Reben. Schöner Nebeneffekt: die Begrünung fördert auch die Vielfalt anderer Pflanzen und Tiere. Trauben von zwei weiteren Hektar kauft Reinecker zu.

Etwa 50.000 Flaschen Sekt erzeugt der Qualitätsfanatiker im Jahr. Insgesamt sind es aber mehr als eine Million Flaschen, die jährlich die moderne Produktionshalle im Auggener Gewerbegebiet verlassen. Die Erklärung: Herbert Reinecker hat sich auch einen Namen als sogenannter Lohnversekter gemacht. Mehr als 200 Winzer aus verschiedensten Anbaugebieten lassen hier ihre Grundweine in Winzersekt verwandeln. „Und zwar ebenfalls ausschließlich in Flaschengärung“, wie Reinecker betont.

Der deutsche Durchschnitts-Weintrinker spart gerne, der gemeine Sekttrinker auch. Nur etwa 3 Prozent der deutschen Sektproduktion erfolgt mit der traditionellen Flaschengärung, der große Rest gärt in Tanks ein zweites Mal. Im Genussland Baden macht die Flaschengärung immerhin stattliche 30 Prozent aus. Auch für die Kunden des Lohnversekters, egal wo sie auch herstammen, kommt nichts anderes in Frage. Der kleinste Auftraggeber lässt gerade mal 300 Liter versekten, der größte mehr als 50.000. Das Lohnverfahren kostet den Kunden rund zwei Euro pro Flasche.

Bei Herbert Reineckers eigenen Sekten kann sich schon die Basiscuvée aus Chardonnay, Spät- und Weißburgunder für 14 Euro sehen bzw. schmecken lassen. „Der Baden Crémant ist elegant und schlank, zeigt feine, nussige Hefearomen mit Zitrus im Hintergrund“, urteilt etwa „der Eichelmann“. Der Rosé Brut kostet zwei Euro mehr, basiert auf Pinot Noir, Chardonnay und Meunier – und ist eigentlich kein Rosé, sondern ein durch Ganztraubenpressung gewonnener Blanc de Noir. Seine rötliche Färbung erhält er durch die Zugabe von etwa zwei Prozent klassisch vergorenem Rotwein. Auf den besten Auggener Lagen wachsen die Chardonnay-Reben für einen sortenreinen Sekt. Bezogen hat Reinecker die Reben vor nahezu 25 Jahren von der renommierten Rebveredelung Goutorbe in der Champagne. Für 19 Euro erhält man einen Blanc de Blancs Brut voller Weinigkeit und Finesse.

Aus 100 Prozent Pinot Noir besteht der Feuerbach Steingässle Extra Brut. Gewachsen ist er auf der Einzellage Feuerbach über einem ehemaligen Vulkanschlot, der auch dem Markgräfler Querkopf Hans-Peter Ziereisen als Basis für seine exzellenten Rotweine dient. Der Ausbau des Grundweins erfolgt über ein Jahr in teils neuen, teils mehrfach belegten Eichenholzfässern. Anschließend lagert der Sekt mindestens zwei Jahre auf der Hefe. Der Preis: 22 Euro.

Sogar vier Jahre auf der Hefe liegt die Cuvée Classic Brut, für die Herbert Reinecker auf die klassischen Champagner-Trauben Chardonnay, Pinot Noir und Meunier setzt. Vergoren in kleinen, älteren Eichenholzfässern sind die Grundweine noch stark holzbetont. Erst nach der Versektung ist das Fass nur noch dezent wahrnehmbar. „Dazu braucht es sehr viel Erfahrung“, weiß Reinecker. Und setzt bei seinem Flaggschiff noch eins drauf: vor der Füllung werden 20 bis 30 Prozent Reserveweine zugegeben. „Die Cuvée Classic ist ein Ausbund an Vollmundigkeit, der aber eine straffe, feine Säure entgegensteht. Delikat!“, urteilte der Vinum Weinguide. Spätestens mit dieser Cuvée ist Herbert Reinecker in der Champagner-Liga angekommen. 24 Euro für die Flasche sind da fast ein Schnäppchen.

Privat-Sektkellerei Reinecker GmbH
Kleinmattweg 1
79424 Auggen
www.sektkellerei-reinecker.de

Über den Autor*Innen

Unser Autor Klaus Pfenning

Klaus Pfenning

Klaus Pfenning wuchs am Rande des Odenwalds auf – und damit eher mit Apfelwein. Erst im frühen Erwachsenenalter wurde ihm bewusst, dass sich auch aus anderen Früchten wunderbare Weine herstellen lassen. Vor allem aus Trauben, weißen wie roten. Vor 30 Jahren verlegte der Naturliebhaber seinen Lebensmittelpunkt an die Badische Bergstraße. Von dort aus kann er nicht nur den heimischen Winzern bei der Arbeit zuschauen. Sondern auch hinüberblicken in die Pfalz und nach Rheinhessen. Dem wachsenden Interesse am Wein konnte das nicht schaden.