Weihnachtsfondue in einer Rikscha

Weihnachtsfondue in einer Rikscha - die stade Zeit in Bern - (c) Eva-Maria Mayring

 

 

Zur winterlichen Dämmerstunde, wenn die ersten Kerzen auf dem Adventskranz flackern, dann hat auch in Bern die stade Zeit begonnen. Das hektische Treiben in der Altstadt weicht den festlich dekorierten Holzhäuschen und Ständen. Sogar die Schaufenster der Banken und Büros zeigen ihre Weihnachtsdekorationen. Und statt der kühlen Straßenbeleuchtung glitzern und blinken ganz offiziell ab 02. Dezember bis 23. Dezember Sterne und Leuchtgirlanden.

Künstler und Handwerker kommen in die Stadt, um ihre Kreationen aus Gold, Silber und Edelsteinen, bemalter Seide, kunstvollem Glas und Filz anzubieten. Wie jedes Jahr freut man sich auch auf die Leckereien, den Glühwein und eine saftige Bratwurst. Denn nur kurz vor Weihnachten schmecken sie so richtig gut. Naschen und Genießen hat jetzt Hochkonjunktur, wenn das Duftpotpourri aus Zimt, Anis, Kardamom und gebrannten Mandeln die engen Budengassen durchzieht. Jetzt kann kaum jemand widerstehen. In dieser Stimmung und Ambiente werden Erwachsene zu Kindern, eingefangen vom Zauber, der magische Kräfte besitzt.

Fondue in der Rikscha
Auf dem Weihnachtsmarkt gibt es Neuheiten und Trends. Da trifft man auf die sportlichen Rikschafahrer, die sich etwas ganz Besonderes einfallen ließen. Auf den ersten Blick könnte man meinen, in Indien zu sein, denn inmitten der besinnlichen Stimmung bieten sie einen extravaganten Mitfahrdienst an. Mit selbstkonstruierten Rikschas, "Fondükscha" (Fondue –Rikscha) genannt, kutschieren sie die Fahrgäste für eine Stunde oder 90 Minuten durch die weihnachtliche Berner Innenstadt. Doch damit nicht genug, während der kuriosen Tour darf der Genuss nicht fehlen. Nach allen Regeln der Kunst serviert der Rikschafahrer ein heiß dampfendes Käsefondue mit Brot, Weißwein und allem Drum und Dran. Außerdem erzählt er Anekdoten und Wissenswertes über seine Stadt. Dabei tritt er sportlich in die Pedale. "Ich bin gut in Form", behauptet er von sich. "Training ist alles und viel besser als ein Couchpotato oder Bewegungsmuffel zu sein. Denn bei 200 Kilometern am Tag muss es mir Spaß machen, sonst funktioniert der Job nicht". Mit einem Kirschwässerli wird der Gast dann verabschiedet und der abendliche Rundgang kann zu Fuß fortgesetzt werden. Schon bald kommt der nächste Hingucker. Hell erleuchtete Gondeln hängen nicht wie gewohnt am Seil einer Bergbahn, sondern stehen am Rand der Flaniermeile und ziehen die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich. Einmal neugierig durch die Fensterchen gekuckt, erkennen wir sozusagen eine Jausenstation für zwei Personen. Ganz gemütlich genießen junge Leute einen Schweizer Käsespatzen, die würzig bis auf die Straße duften.

Der Bummel über den Weihnachtsmarkt führt weiter durch die festlich erleuchtete Altstadt von Bern. Dabei ist der Zeitglockenturm, die sogenannte "Zytglogge", nicht zu übersehen. Kaspar Brunner, eigentlich ein Waffenschmied aus Nürnberg, war der Konstrukteur des stattlichen Uhrwerks, das bis heute im Einsatz ist. Und die astrologische Uhr mit Figurenspiel und Tierkreiszeichen meldetet sich stündlich mit einem krähenden Hahn, einem Äffchen, das an zwei Glocken schellt und somit einen bewaffneten Bärenzug in Bewegung setzt. Ganz lebendigen Bären kann man auf der Aarehalbinsel einen Besuch abstatten. Die zotteligen, brauen Tiere sollen noch heute an die mittelalterliche Stadtgründungslegende des Herzog Berchtold V. von Zehringen erinnern. Das erste Tier, das er auf der Jagd erlegte, sollte das Stadtwappen zieren. Dass ihm das gelungen war, beweist das Symboltier der Bär, mal als Wappentier, als Emblem oder touristisches Souvenir.

Auch die Stadtbrunnen erzählen Legenden aus der Stadtgeschichte. Erbaut wurden sie vornehmlich im 16. und 17. Jahrhundert und verteilen sich in lockerer Reihenfolge wie an einer Perlenschnur aufgereiht, in der Altstadt. Sie heißen Kindlifresser-, Gerechtigkeits- oder Mosesbrunnen und dienten einst praktischen Zwecken wie der Wasserversorgung und der Brandbekämpfung. Heute sind sie ebenfalls schmucke Wahrzeichen für die Schweizer Landeshauptstadt.

Neben so viel weihnachtlichen Süßigkeiten stehen auch die herzhaften Berner Spezialitäten hoch im Kurs. Im "Kornhaus", dem ehemaligen Getreidespeicher der Stadt, heute eines der vielen Restaurants und Bistros, herrscht in der Adventszeit besonders viel Betrieb. Der mehrgeschossige Gewölberaum im bernischen Hochbarock mit reichem Wandschmuck und Berner Kantonswappen bietet Schweizer Spezialitäten und Gastlichkeit gibt's obendrauf.
In der frischen, kühlen Winternacht lässt man dann den Adventstag geruhsam ausklingen. Noch ein Spaziergang durch die Berner Altstadt vom Bärenpark stadteinwärts durch die Kram- und Marktgasse  an der Zeitglockenturm vorbei. Jetzt verstehen man die Worte der Stadtführerin erst richtig als sie sagte: "Wir haben keine Altstadt, wird sind eine Altstadt".

Infos:
Weihnachtsmarkt in Bern:
02. Dez. bis 23. Dez. 2017

Bern Tourismus
Amthausgasse 4,
3011 Bern, Schweiz
T +41 (0)31 328 12 73,
F +41 (0) 31 328 12 99
www.bern.com

 

 

Über den Autor*Innen

Eva-Maria Mayring

Nach dem Studium der Kunstgeschichte arbeitete die Münchnerin als Redakteurin bei der Passauer Neuen Presse und Münchner Merkur. Seit 2000 schreibt die inzwischen freie Journalistin vor allem für die Reiseseiten in Magazinen und Zeitungen. Besonders großen Spaß macht es ihr, für ausgefallene Geschichten in fremden Ländern zu recherchieren und dabei auch deren kulinarischen Köstlichkeiten kennenzulernen. Egal ob Bayern, Kärnten oder Canada Natur, Kunst und Genuss stehen ganz oben auf ihrer Liste. Und nach ihrem Studienjahr in Edinburgh hat sie ihre Liebe für Großbritannien entdeckt.